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ADHS

„Zappel-Philipp“ oder „Hans-guck-in die Luft“- -vielleicht sind Sie Ihnen bekannt; die Symptome erinnern an die Figuren aus dem Bilderbuch „Der Struwwelpeter“ des Frankfurter Psychiaters Heinrich Hoffmann aus dem Jahr 1844.

Nach internationalen Diagnosekriterien besteht ein seit mindestens 6 Monaten anhaltendes Muster von Unaufmerksamkeit und/oder eine Kombination aus Hyperaktivitäts- und Impulsivitätssymptomen außerhalb der Grenzen der normalen Variation, die für das Alter und den Grad der intellektuellen Entwicklung erwartet wird. Mischformen kommen häufig vor, bis zu 2,5% der erwachsenen Bevölkerung ist betroffen.

Die ADHS, vielen als Erkrankung im Grundschulalter bekannt, ist eine Entwicklungsstörung des Gehirns auf der Basis genetischer und umweltbedingter Risikofaktoren und kann in bis zu 50 % der Fälle bis ins Erwachsenenalter fortbestehen. In betroffenen Familien ist das Erkrankungsrisiko fünffach erhöht, ein gestörtes Gleichgewicht bestimmter Botenstoffe im zentralen Nervensystem (vor allem Dopamin/Noradrenalin) aufzuweisen. Alkohol-, Drogen -und Nikotinkonsum, Infektionskrankheiten während der Schwangerschaft sowie Geburtskomplikationen können mitauslösend wirken. Traumatisch erlebte Erfahrungen, z.B. durch Vernachlässigung in der frühen Kindheit, wirken verstärkend.

Fällt die Erkrankung im Kindesalter meist durch Schulschwierigkeiten auf, kann im jungen Erwachsenenalter die Lebensplanung bezüglich Familie und Beruf erheblich beeinträchtigt sein. Die Symptome verwandeln sich. Statt einem äußerlichen „Zappel-Philipp-Syndrom“ entsteht eine starke innere Unruhe, statt einem „Hans-guck-in-die Luft-Syndrom“ besteht die Aufmerksamkeitsstörung nun bei fehlender Stimulation im Rahmen monotoner oder vermeintlich langweiliger Tätigkeiten. Die Aufmerksamkeit kann aber bei subjektiv interessanten Aufgaben fokussiert werden.

„Chaos im Kopf“- Betroffene haben Schwierigkeiten, ihren Alltag zu organisieren, vergessen Termine und Gegenstände und schieben Unerledigtes auf, was zu gestörten Beziehungen und Arbeitsplatzkonflikten führen kann. Auch die Gefühle sind betroffen, es kommt zu einer emotionalen Überempfindlichkeit, Gefühlsschwankungen und Impulsivität. Eine reduzierte Frustrationstoleranz erhöht das Risiko, durch Regelverstöße mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, in Unfälle verwickelt zu werden oder Alkohol und Drogen zur Gefühlsregulation im Sinne einer Art Selbstmedikation zu konsumieren. Auch das Suizidrisiko ist 9-fach erhöht!

Andererseits zeigen Betroffene, die sich oft als „neurodivers“ erleben, häufig eine hohe Kreativität, Neugier und rasche Auffassungsgabe, die sie in manchen Lebensbereichen sehr erfolgreich sein lässt, sodass eine reine Defizitperspektive dem Krankheitsbild nicht gerecht wird.

Vor ca. 50 Jahren stellte man fest, dass eine ADHS im Erwachsenenalter weiter fortbestehen kann. Es ist also keine Kinderkrankheit, die sich auswächst, sondern eine Erkrankung der Lebensspanne, die sich mit dem Älterwerden in ihrem Erscheinungsbild wandelt. Der eigentliche Beginn liegt erfahrungsgemäß vor dem 12. Lebensjahr. Es gibt also später keine echten Neuerkrankungen, möglicherweise wird die Erkrankung aber erst im jungen Erwachsenenalter diagnostiziert. Immerhin 90 % der erkrankten Kinder weisen bis zum 25. Lebensjahr Restsymptome auf, es werden aber nur noch rund 6 % behandelt; wenn das 50. Lebensjahr überschritten ist, werden nur noch weniger 1 % behandelt.

Ein ADHS tritt selten isoliert auf, es besteht oft eine Symptomüberlappung mit Angststörungen, Depressionen, Persönlichkeitsstörungen und Suchterkrankungen, sodass eine sorgfältige Ausschlussdiagnostik zur Diagnosestellung erforderlich ist. Durch Erhebung einer ausführlichen Krankheitsvorgeschichte, Sichtung noch vorhandener Grundschulzeugnisse, einer speziellen Testdiagnostik und klinischer Verhaltensbeobachtung wird die Diagnose gestellt, abgerundet durch eine Bildgebung des Gehirns und Abklärung körperlicher Beschwerden.

Auf unserer Station für junge Erwachsene erfolgt nach Diagnosestellung und Aufklärung über das Krankheitsbild eine multiprofessionelle Behandlung für mehr Lebensqualität und Teilhabe.  Diese umfasst eineverhaltenstherapeutische Verbesserung der Problemlösefähigkeiten, schrittweise Erweiterung der Aufmerksamkeitsspanne, Verbesserung der Alltagsorganisation durch Routinen sowie Stärkung von Gefühlsregulation und Stresstoleranz. Begleiterkrankungen werden mitbehandelt und Kompetenzen in der Beziehungsgestaltung nachentwickelt und eingeübt. Die Klärung sozialer Anliegen wie Wohnungslosigkeit, Entwicklung einer schulisch-beruflichen Perspektive und Auflösung häuslicher Probleme wirken bereits häufig symptomentlastend. Neben der Abstinenzsicherung bei begleitenden Suchterkrankungen erfolgt auch eine medikamentöse Behandlung mit zugelassenen Stimulanzien individuell und leitliniengerecht

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