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Persönlichkeitsstörungen

Wenn das eigene Ich nach starrem Muster handelt.

Es ist unsere Persönlichkeit, die bestimmt, wie wir uns verhalten: Ob wir impulsiv oder zurückhaltend sind, ob wir als exzentrisch, übersteigert wahrgenommen werden oder eher als angepasst. Die Persönlichkeit ist die Summe aller Eigenschaften, die uns ausmachen. In ihr ist festgelegt, wie wir auf andere Menschen und auf verschiedenste Situationen reagieren, gerade auch auf Konfliktsituationen. In diesen Situationen, die mit Problemen oder Druck behaftet sind, zeigt sich, wie wir sie bewältigen.

Wenn der Persönlichkeitsstil und das soziale Verhalten von anderen Menschen – z. B. Partnern, Angehörigen, Freunden oder Teammitgliedern – als extrem, gestört, sonderbar, also von der Norm abweichend, wahrgenommen wird, und es erfolgen starre Reaktionen auf unterschiedliche Lebenslagen, quasi nach immer gleichem Verhaltensmuster, kann eine Persönlichkeitsstörung vorliegen.

Eine Persönlichkeitsstörung ist ein tief verwurzeltes Verhaltensmuster, das sich häufig schon in der Kindheit bzw. im Jugendalter entwickelt und sich im Erwachsenenalter als Charakterauffälligkeit von erheblichem Ausmaß festigt. Es äußert sich in starren Reaktionen auf verschiedenste Lebenslagen und führt zu schwerwiegenden Problemen, besonders auch in den zwischenmenschlichen Beziehungen.

Starre Reaktion bedeutet, dass eine betroffene Person nicht in der Lage ist, auf eine Situation flexibel zu reagieren. Vielmehr reagiert sie bei wiederkehrenden Situationen immer gleich, auch wenn die Auswirkungen immer negativ sind. Menschen, die an Persönlichkeitsstörungen leiden, sind nicht in der Lage, aus Erfahrungen zu lernen und daraus resultierend ihr Verhalten zu ändern. Der persönliche Leidensdruck bei Persönlichkeitsstörungen ist daher extrem groß und durch das fehlende Sozialverhalten wird die Lebensqualität stark eingeschränkt.

So wie es verschiedenste Persönlichkeiten gibt, so gibt es auch eine Vielzahl unterschiedlichster Persönlichkeitsstörungen. Man geht davon aus, dass jeder zehnte Mensch unter einer Persönlichkeitsstörung leidet, die Störungen können auch kombiniert auftreten. Je nachdem, welche Art einer Persönlichkeitsstörung besteht, fühlen, erleben und verhalten sich die Betroffenen beispielsweise extrem misstrauisch, ängstlich-vorsichtig, emotional überbordend, risikofreudig, verletzlich oder äußerst zurückgezogen. Dieses Verhalten und Fühlen hält lange an und führt zu wiederkehrenden Schwierigkeiten wie z. B. einer schnellen Verwicklung in Streitigkeiten, ängstlichem Rückzug und Entscheidungsschwierigkeiten oder zu wiederkehrenden problematischen Beziehungsmustern. Das führt zu starken Einschränkungen in beruflicher und sozialer Hinsicht.

Meist bilden mehrere Faktoren die Ursache von Persönlichkeitsstörungen. So spielen die genetische Veranlagung und auch neuro-biologische Faktoren, wie z. B. Hormon- oder Botenstoffprobleme, eine Rolle. Vor allem aber kommen psychosoziale Faktoren hinzu, wie nicht erfüllte kindliche Grundbedürfnisse, Probleme von Bezugspersonen in der Kindheit und Jugend, eine widersprüchliche, nicht verlässliche Erziehung oder psychische Probleme der Eltern. Dazu kommt das eigene Temperament – von überängstlich bis jähzornig. Aber auch traumatische Erfahrungen oder fehlender sozialer Halt können eine Persönlichkeitsstörung mit begünstigen.

Von Persönlichkeitsstörungen spricht man nur dann, wenn die charakterlichen Besonderheiten so stark ausgeprägt und so durchgängig bestehen, dass sie die Betroffenen während des gesamten Lebens behindern, ihre Beziehungen stören oder erhebliches Leiden verursachen. Man unterscheidet 11 Haupttypen von Persönlichkeitsstörungen, z. B. Borderline-Störungen, selbstunsichere Persönlichkeiten, zwanghafte Persönlichkeiten oder ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstrukturen.

  1. Ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung
    Es besteht große Angst, abgelehnt zu werden oder auf andere unattraktiv zu wirken. Daher können Betroffene schlecht mit Kritik umgehen, denn dies verstärkt ihre Ablehnungsängste, sie sind häufig unsicher und zurückhaltend.
     
  2. Anankastische (zwanghafte) Persönlichkeitsstörung
    Perfektionismus und ein extremes Kontrollbedürfnis machen diese Störung aus. Die Betroffen zweifeln an allem, sind unflexibel und pedantisch. Regeln spielen bei ihnen eine wichtige Rolle.
     
  3. Asthenische (abhängige) Persönlichkeitsstörung
    Andere sollen die Entscheidungen treffen. Astheniker empfinden sich als wert- und hilflos und ordnen sich unter, da sie Angst haben, den Vorstellungen anderer nicht zu entsprechen. Sie sind passiv und unterwürfig, haben starke Verlassensängste und zerbrechen bei Beziehungsbrüchen. Kritik bedeutet für sie Ablehnung und steigert die Ängste.
     
  4. Borderline-Persönlichkeitsstörung
    Das Leben von Borderlinern ist geprägt von extremen Hochs und Tiefs. Sie leiden unter häufigen, extremen Stimmungsschwankungen, ihr Verhalten ist impulsiv, auch Partnern gegenüber, denn der Wechsel zwischen Selbstliebe und Selbsthass ist spontan. Daher sind zwischenmenschliche Beziehungen oft intensiv, aber kurzlebig. Um den Spannungen des Gefühlschaos zu entkommen, verletzen sie sich vielfach auch selbst.
     
  5. Dissoziale oder antisoziale Persönlichkeitsstörung
    Diese Menschen haben (fast) kein Einfühlungsvermögen, Freundschaften und Beziehungen zerbrechen daher schnell. Ihre Frustrationsschwelle ist niedrig, die Neigung zu Aggressivität hoch. Geltende Regeln werden missachtet und es fehlt Verantwortungs- und Schuldbewusstsein.
     
  6. Histrionische Persönlichkeitsstörung
    Ständiges im Mittelpunkt stehen, extrovertiertes, dramatisches, verführerisches oder manipulatives Verhalten kennzeichnet die Betroffenen. Die Ich-bezogenen Menschen entwickeln wechselhafte, übertriebene Emotionen, ihre Stimmung schwankt schon bei geringen Reizen, dazu kommt eine Bindungsschwäche, da sie selten in der Lage sind, tiefe Bindungen zu führen.
     
  7. Impulsive Persönlichkeitsstörung
    Unvorhersehbare und launenhafte Stimmungen, Impulsivität und emotionale Ausbrüche kennzeichnen diese Störung. Betroffene können dieses Verhalten nicht kontrollieren, leben es aus ohne Rücksicht auf Verluste. Sie sind – vor allem auch deshalb – streit- und konfliktsüchtig.
     
  8. Narzisstische Persönlichkeitsstörung
    Betroffene wirken arrogant und egoistisch. Dahinter steckt die tiefe Angst, nicht anerkannt und abgelehnt zu werden, das Selbstbewusstsein ist sehr niedrig. Narzisstische Menschen haben wenig bis keine Empathie und sind wenig kritikfähig.
     
  9. Paranoide Persönlichkeitsstörung
    Die Betroffenen sind misstrauisch, streitsüchtig und selbstbezogen. Sie haben das Empfinden, dass alle Menschen feindselig sind und die Welt gegen sie ist.
     
  10. Schizoide Persönlichkeitsstörung
    Menschen mit dieser Störung erleben keine Freude, denn sie können weder positive Gefühle wie Liebe oder negative Gefühle wie Hass zeigen. Sie sind häufig Einzelgänger, ziehen sich zurück und flüchten in Fantasiewelten, in denen sie sich isolieren.
     
  11. Schizotype Persönlichkeitsstörung
    Erhebliche Defizite des Sozialverhaltens prägen diese Störung. Betroffene neigen zu besonders eigenartigem Verhalten, dies kann von einem eigenwilligen Kleidungsstil bis zu umständlicher, gekünstelter Sprache reichen. Die Wahrnehmung ist verzerrt, begleitet von sehr verstrickten Denkmustern.

Zusammengefasst gibt es drei Gruppierungen (Cluster) von Persönlichkeitsstörungen.

  • Im Cluster A werden Persönlichkeitsstörungen mit sonderbarem, exzentrischem Verhaltensmuster zusammengefasst.
  • Das Cluster B umfasst Störungen mit impulsivem Grundverhalten, das eher dramatisch, emotional oder launisch einzuordnen ist.
  • Das Cluster C beschreibt Störungen mit ängstlichem, furchtsamem, vermeidendem Verhalten.

Wenn Sie zu uns als Patient kommen, werden wir Sie so nehmen, wie Sie sind. Lernen Sie uns in einer vertrauensvollen Atmosphäre kennen. Hier nehmen wir Ihnen Ihre Sorgen und Ängste. Oft sind Patienten unsicher, befürchten, unheilbar krank zu sein oder möchten nicht für einen „Psycho“ gehalten werden. Man schämt sich, hat das Gefühl von eigener Fehlerhaftigkeit oder von Schuld – dem ist jedoch nicht so, diese Vorstellung hat längst ausgedient. Bei Persönlichkeitsstörungen handelt es sich um ernsthafte Erkrankungen, die wir professionell behandeln können und die heilbar sind. Wir respektieren Ihre individuelle Lebensgeschichte und Ereignisse, die Sie geprägt haben. Daraus versuchen wir gemeinsam, Lösungsansätze zu finden, damit Sie es schaffen, Ihre Krankheit, auch mit Ihren eigenen Kräften, möglichst hinter sich zu lassen.

Unser Spezialistenteam erarbeitet für Sie als betroffene Person ein maßgeschneidertes Therapiekonzept, denn Ihr Verhalten ist auf dem Hintergrund Ihrer individuellen Biografie entstanden. Hier gehen wir mit Verständnis und Wertschätzung auf Ihre Persönlichkeit und Ihre Verhaltensweisen ein. Indem wir uns auf Ihre Sichtweise als betroffene Person einlassen, klären wir ausführlich über die Diagnose auf, denn Sie sollen sich in der Erklärung Ihres Krankheitsbildes wiedererkennen.

Probleme im Rahmen von Persönlichkeitsstörungen bestehen meist bereits seit der Kindheit und Jugend. Daher werden Sie häufig als unveränderbarer Teil der Persönlichkeit gesehen. Der erste Schritt einer Therapie besteht darin, die Motivation und Mut zu Veränderungen zu erarbeiten. Daraus stecken wir gemeinsam mit Ihnen überschaubare und erreichbare Ziele.

Wir möchten Ihnen auf Augenhöhe begegnen und entwickeln im Team aus erfahrenen Therapeuten und pflegerischem Personal, das Sie betreut, aufbaut und einbindet, die bestmögliche Unterstützung. Die psychotherapeutische Behandlung, in der Kombination von Einzel- und Gruppentherapien unterstützt durch Bewegungs- und Kreativtherapien steht klar im Vordergrund und zielt darauf ab, Ihnen neue und für Ihre Entwicklung förderliche Erfahrungen in der Therapie durch unser gesamtes Expertenteam zu ermöglichen. Wir geben Ihnen als Patient die Sicherheit, dass Sie mit jemandem sprechen, der weiß, was in Ihnen vorgeht.

Im Rahmen der Therapie bieten wir Ihnen Übungseinheiten und Trainings, damit Sie neue und bessere Möglichkeiten der Interaktion entwickeln können, die Sie bei der Veränderung von unangepassten Verhaltensweisen und falschen Überzeugungen unterstützen. In Rahmen der Therapie reflektieren unsere Fachärzte immer wieder die unerwünschten Verhaltensweisen und halten den Spiegel möglicher Folgen vor, bis Sie sich als Betroffener darüber bewusst selbst werden.

Bei charakteristischen Besonderheiten, wie z. B. den Selbstverletzungen bei Borderline-Störungen, werden speziell auf die bessere Regulation dieser Impulse abzielende Therapieverfahren eingesetzt.

Ziel jeder Therapieform ist es, Ihnen als Patient eine Möglichkeit zu geben, an Ihren – durch die Störung beeinträchtigten – Verhaltensweisen zu arbeiten. Dadurch sollen zerstörende Symptome gelindert werden, sodass der Alltag besser bewältigt werden kann. Da Menschen mit einer Persönlichkeitsstörung häufiger Alkohol- und Drogenprobleme haben, beziehen wir auch dies bei Bedarf in unsere Behandlung ein. Zudem kommt es vor, dass Betroffene suizidales Verhalten und depressive Symptome als Begleiterscheinungen aufweisen. Auch hierauf wird während der Therapie spezifisch eingegangen.

Besonders in akuten Krisen, die sich aufgrund der beschriebenen Auffälligkeiten häufig einstellen, sind wir mit unserer Erfahrung für Sie da, um Sie beispielsweise aus schweren depressiven Episoden zu führen.

Persönlichkeitsstörungen sind sehr komplex, daher ist es wichtig, geschulte Ärzte oder Psychologen aufzusuchen. Häufig haben die Menschen Scheu, sich einem Spezialisten anzuvertrauen oder sind nicht genug informiert. Dabei kann die richtige Diagnose und eine gezielte Behandlung den Leidensdruck der Krankheit verringern und die Lebensqualität wieder stark erhöhen und das Vertrauen in sich selbst wiederzufinden.

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Ärztlicher Direktor und leitender Arzt der Abteilung Psychiatrie 1
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Abhängig von der Diagnose bieten wir Therapien an verschiedenen Standorten an